07. Jänner 2011

Was 2011 kommt: Profil verbiegt sich

Das profilierteste österreichische Nachrichtenmagazin hat zusammengetragen, was 2011 so alles kommt: Am 2. 2. der Welttag der Feuchtgebiete. Am 14. 3. ein Weltstaudammtag. Am 5. 5. der Internationale Tag der Handhygiene. Am 3. 11. gar ein Weltmännertag. Und für den 21. 11. habe ich mir mein Mitfeiern des Welttags des Fernsehens gleich im Kalender notiert und schon mal fest vorgenommen. Ich weiß nur noch nicht: Ist das alles ernst gemeint?

Gleich daneben finden sich aber die gewiss ernst gemeinten, die in 2011 anstehenden runden Todestage. Unter der trotzdem sehr witzigen Überschrift „Gewitzt“ wird da angekündigt: Wir verbiegen uns vor: Karl Kraus (75. Todestag am 12. Juni) …

Karl Kraus hat es ja immer gesagt: Dass ein jeder Druckfehler in der bürgerlichen Presse mehr Wahrheit enthalten würde als sämtliche ihrer korrekt geschriebenen Elaborate. Und dass sich die Journaille noch an seinem 75. Todestag wegen ihm wird verbiegen müssen, das hat er sicher auch bereits voraus gewusst.

19. Jänner 2011

Der erste Band

Andere Sachen lese ich ja auch noch, aber ich bin jetzt durch mit dem 1. Band von Karlheinz Deschners „Kriminalgeschichte des Christentums - Die Frühzeit“ (Rowohlt, 1986).

In einem 70-seitigen Vorwort legt Deschner seine Methode dar. Als kriminell im Sinne des Buchtitels versteht er die Verstöße der Kirche gegen ihre eigenen Forderungen und Gebote. Wenn Christen also gegen ihre eigenen, nach außenhin gepredigten Moralgebote verstießen. Solch einen festen Bezugsrahmen sich zu geben für das umfangreiche Werk, macht natürlich, auch juristisch, Sinn. Denn niemand darf nach heutiger demokratisch-rechtsstaatlicher Lesart für eine Tat verurteilt werden, die zum Zeitpunkt ihrer Begehung noch nicht verboten war. Diebstahl, Lüge und Betrug, Mord und Totschlag jedoch wurden vom Christentum zu jeder Zeit theoretisch abgelehnt, während es in der Praxis dadurch erst, wie Deschners Buch nahelegt, so groß und mächtig hat werden können.

Deschner hält der Kirche jedoch auch „Kriminelles“ vor, was in den hier behandelten ersten vier Jahrhunderten nach Christus noch keineswegs kriminell war, ihre Teilnahme an der Sklaverei zum Beispiel. Ihre Erziehungsmethoden. Auch die Anwendung von Folter und gewisse barbarische Strafen sind gewiss aus heutiger Sicht strikt und mit gutem Grund abzulehnen, verstießen jedoch nicht gegen die damals üblichen „Rechtsnormen“ und waren also nicht in diesem juristisch engen Sinn kriminelle Vergehen der frühen Kirchenväter gegen Gebote, die sie sich selbst auferlegt hatten. Da wird Deschner dann schon auch mal moralisch. Seinem Schreibstil tut der moralische Furor jedoch nur gut.

Deschner will nicht objektiv sein. „Wer Weltgeschichte nicht als Kriminalgeschichte schreibt, ist ihr Komplize“, sagt er. Er ist immer auf Seiten der Unterdrückten. (Unterdrückung - noch so eine moralische, nicht-juristische Kategorie.) Er verfolgt mit seinem Buch auch keine „konstruktive Kritik“, wie er sagt. Sondern eine „zerstörerische“. Er will mit seinem durch Jahrzehnte entstandenen 10-bändigen Werk der Kirche und der Unvernunft christlicher Spielart schlicht und einfach den Garaus machen. Eine verdienstvolle Arbeit. Er hat dafür alle meine Sympathie.

Die Frühzeit also, in diesem 1. Band, die ersten vier Jahrhunderte. Eine „Rechtgläubigkeit“ gab es nie. Von Anfang an gab es eine Unzahl christlicher Sekten, die, solange sie Minderheiten waren, stets hübsch friedlich für Religionsfreiheit und Koexistenz eingetreten, sobald sie aber hegemonial und das Christentum Staatsreligion geworden waren, ihren eigenen historischen Ursprung: das Judentum, die römischen und griechischen Heiden und vor allem sich untereinander bis aufs Blut bekriegten, im Kampf um die richtige Richtung, sprich: um die Fleischtöpfe in der jeweiligen Diözese. Die allermeisten Häretiker kamen ja immer aus dem Schoß des Christentums selbst, waren durchaus gläubig im christlichen Sinn, und entweder waren sie Konkurrenten um eine Bischofswürde oder aber sie prangerten als Basis-Christen den luxuriösen Lebensstil des Klerus an, der mit Christus' Leben und Lehre nicht zu vereinbaren wäre, und zogen sich dadurch das Ketzer-Etikett zu und wurden verfolgt.

Synodale Beschlüsse gab es da auch schon mal gegen die Armutsprediger, in denen hochoffiziell festgelegt wurde, dass der Fleischkonsum des hohen Klerus nicht nur nicht verwerflich sei, sondern an hohen christlichen Feiertagen eine unabdingbare Christenpflicht! Und im Kampf um die Vorherrschaft und die Fleischtöpfe in Afrika, Italien und anderswo zwischen Katholiken und Arianern ging man sich beinahe 150 Jahre lang mit Ketzervorwürfen, Dokumentenfälschungen, Krieg und Gift- und Massenmorden gegenseitig an die Wäsche, wobei die Protagonisten je nach Kräfteverhältnis zuweilen oder auch wiederholt das Lager wechselten. Vorgeblich ging es in dem Streit um die Frage, ob die katholische Dreifaltigkeit als eine ketzerische Vielgötterei anzusehen sei, oder der arianische Glauben an den einen Gott mit zwar göttlich inspiriertem, jedoch weiterhin menschlichem Messias-Sohn sich gegen die gleichberechtigten Gottesemanationen von zweitens: Jesus Christus und drittens: Hl. Geist ketzerisch versündigen würde.

Frappant in Deschners Buch ist auch, wie er den bestens belegten christlichen Verbrechen im Zuge solchen Ringens dann immer wieder Passagen folgen lässt, Zitate heutiger christlich-offizieller Kirchengeschichtsschreiber, die den jeweiligen Delinquenten (und Sieger der Geschichte) dann regelmäßig nicht nur ein bisschen reinwaschen und schönfärben, sondern ihn natürlich immer gleich als den friedliebensten, tolerantesten und gütigsten Menschen darstellen, der je auf Erden gewandelt ist, und der nie auch nur einer Mikrobe etwas hat zuleide tun können.

Die endlose Folge von Verbrechen in dem Buch ist manchmal auch ermüdend. Literarisch gesprochen folgt Deschner oft dem Prinzip der seriellen Reihung. Die Art der Taten und die sprachlichen Formulierungen wiederholen sich. Das ist stilistisch mutig und es bekommt mit der Zeit, wenn man sich darauf einlässt, fast etwas Litaneienhaftes.

Witzige Episoden gibt es in dem Buch aber auch immer wieder. Dem Hl. Ambrosius, seines Zeichens altkatholischer Kirchenlehrer und ebenfalls im Ringen mit den Arianern stark involviert, hatte geträumt, er würde am nächsten Tag in einer Kirche, um deren Besitz sich mit den Konkurrenten gerade gestritten wurde, gewisse Märtyrergebeine finden. Und prompt geschah's! Die Arianer wiesen zwar noch darauf hin, dass die Knochen ja noch blutig seien und somit nicht von jenem Märtyrer stammen könnten, der bereits vor 100 Jahren das Leben für Christus gelassen hatte. Es half ihnen aber nichts. Denn laut Ambrosius war eben diese Tatsache, dass die Knochen noch nach 100 Jahren bluteten, ein eindeutiger Beweis, dass es sich tatsächlich um wundertätige Märtyrerknochen handelte! Er nannte es l'elemento soprannaturale. Gut gegeben, oder? Er kam damit durch.

Der erste Band von Deschners „Kriminalgeschichte des Christentums“ endet mit dem Kirchenlehrer Augustinus. Der war in seinem Kampf gegen die Juden, Heiden und v. a. die sog. Donatisten auch nicht gerade skrupulös! Wegen der Folter, hielt er seinen Gegnern vor, sollten sie sich nicht so haben. Die sei nämlich noch überhaupt nichts gegen das ewige Höllenfeuer. Was hätten sie gegen Krieg? Dass da Leute sterben würden? Alle Menschen seien sterblich und sie stürben so oder so. Und die schlechten Herrscher, mahnte er die Untertanen, seien von Gott gesandt, um die Menschen zu züchtigen und zur Demut zu erziehen. Sich gegen sie aufzulehnen hieße, sich gegen Gott zu wenden. Solcherart waren seine Lehren, und mit solcher Logik wurde er dann zum Kirchenlehrer schlechthin. Er ist ja bis heute mit der bekannteste und u. a. wegen seiner confessiones immer noch viel gelesen und sehr beliebt.

In meinem Zeit-Buch kommt er ja auch vor. Nicht einmal mit seinem berühmten Zitat, von wegen der Zeit, und dass er, wenn ihn niemand fragen würde, wisse, was sie ist, und wenn ihn aber einer frage, dann wisse er es nicht mehr. Sondern wegen seiner Auflösung des Rätsels, was Gott wohl gemacht hat vor der Erschaffung der Welt? Ob er sich da gelangweilt habe? (Was unvorstellbar wäre für einen Gott.) Augustins Antwort kam nun bekanntlich der modernen wissenschaftlichen Denkart recht nahe: Gott hätte mit der Welt die Zeit auch erst erschaffen. Vergleiche: Ab einer gewissen Nähe, zurück gerechnet in Richtung Urknall, ab einer gewissen Verdichtung aller Materie auf einen Punkt verliert unser übliches Zeitkonzept die Gültigkeit und jeden Sinn. Ein genialer Geistesblitz eines genialen theologischen Universalgelehrten? Ich habe jetzt doch so meine Zweifel. Ein gewiefter Scholastiker ordnete seinem felsenfest stehenden Gotteskonzept dogmatisch alles, selbst die Zeit, unter, und fand so halt auch mal so etwas ähnliches wie ein Korn.

24. Jänner 2011

Eine lobenswerte Initiative

Der spindeleggerische Außenminister Österreichs hat sich dafür ausgesprochen, die EU möge doch vehementer eintreten für Religionsfreiheit.

Normalerweise, wenn der Mann den Mund aufmacht, schlage ich schon die Hände über dem Kopf zusammen, noch bevor ich weiß, was diesmal nun wieder dabei herauskommt. Aber in diesem Fall hat er meine unbedingte Zustimmung. Ich bin auch für ein religionsfreies Europa und für Religionsfreiheit überall auf der Welt.

01. Februar 2011

Der zweite Band

Auch den 2. Band von Karlheinz Deschners „Kriminalgeschichte des Christentums - Die Spätantike“ (Rowohlt, 1986) habe ich jetzt gelesen.

Zu Beginn des 5. Jahrhunderts gab es wichtigere und unwichtigere Bischofssitze. Es hing von der Bedeutung der jeweiligen Stadt ab. Manche Bischofssitze brachten größere Pfründe und Einflussmöglichkeiten mit sich, manche kleinere. Die wichtigsten Bischofssitze zu dieser Zeit waren Konstantinopel, Alexandria, Antiochia und Jerusalem im Osten und die alte Kaiserstadt Rom im Westen. Von einem Primat Roms ist noch nirgends die Rede. Der Bischof Roms sitzt in einer altehrwürdigen Stadt, gewiss, und ist inmitten des Ansturms der Goten nahe an den Schaltstellen der Macht. Aber ein Primat Roms in Glaubensfragen ist zu der Zeit im Westen alles andere als unumstritten, und im Osten natürlich schon gleich gar nicht.

„Du bist Petrus, und auf diesen Felsen (Petra) will ich meine Kirche bauen“, heißt es bei Matthäus. Eine Bibelstelle, die bei den anderen drei Evangelisten fehlt. Vieles spricht für eine nachträgliche Einfügung. Auch für manch heutigen Theologen ist die „Felsenstelle“ - so heißt so etwas auf theologisch: „eine Beauftragung erst durch den `Auferstandenen´.“ Erst der Auferstandene, heißt das wohl, hat die Bibelstelle im Nachhinein eingefügt. Sie ist gleichwohl bis heute die maßgebliche, auf die sich die römisch-katholischen Päpste stützen, um ihre direkte und ununterbrochene Nachfolge des Apostels Petrus zu untermauern, der also von Jesus, was ebenfalls höchst umstritten war und ist, eine bevorzugte Rolle unter den Aposteln zugewiesen bekommen haben soll.

Petrus hätte dann, zusammen mit Paulus, die römische Gemeinde gegründet, und er sei ihr erster Bischof gewesen. Alles Blödsinn! Petrus war wahrscheinlich nie in Rom. Jedenfalls ist sein Rom-Aufenthalt nirgends belegt. Paulus erwähnt ihn z. B. überhaupt nicht. Ganz zu schweigen davon, dass es nirgends einen Hinweis darauf gibt, dass Petrus einen Nachfolger designiert hätte.

Erst um ca. 170 n. Chr. wird Petrus' angeblicher Aufenthalt in Rom überhaupt zum ersten Mal erwähnt. Zwischen 180 und 185 n. Chr. entsteht eine erste „Bischofsliste“, die uns jedoch nicht im griechischen Original, sondern nur in einer lateinischen Übertragung aus dem 3. oder 4. Jahrhundert bekannt ist. Euseb hatte sie angefertigt. Im Fall einer anderen, einer Bischofsliste für Alexandria ist ebendieser Euseb nach heutigem Forschungsstand einer interessierten Fälschung ganz eindeutig überführt …

Es entstanden dann weitere Bischofslisten, alle im Nachhinein angefertigt, manchmal zur Abfolge der römischen Kaiser auffallend kongruent, andere wurden ganz offensichtlich verändert. In einer steht als erster Bischof Roms ein Papst Linus und in einer zweiten Version derselben wurde dieser Linus durch den angeblich ersten römischen Bischof Petrus ersetzt …

Bis zum 3. Jahrhundert war von einem Primat Roms in Glaubensfragen noch überhaupt nirgends die Rede. Als dieser Anspruch dann laut wurde, entstanden auch diese gefälschten Bischofslisten, die angeblich zurück bis Petrus reichen. Die zeitgenössischen Widerreden gegen den „frechen und unverschämten“ Anspruch des römischen Bischofs auf Vorherrschaft, selbst auch von anerkannten Kirchenlehrern wie dem Hl. Cyprian und Origenes aus dem 3. Jahrhundert oder von Ambrosius aus dem 4., aus dem konkurrierenden „Neuen Rom“ Konstantinopel kommend, ebenso aber auch aus dem Westen, sind Legion. Das Konzil von Konstanz z. B. sprach Rom dieses Recht ab. Die bekannten Schismen mit Gegenpäpsten, fast bis in die Neuzeit hinein, waren die Folge.

Erst im 19. Jahrhundert traute sich ein Papst dann - Deschner greift hier ein wenig vor - das päpstliche Universalepiskopat offiziell zu definieren, und verkündete damit zugleich auch, wo er schon einmal dabei war, seine Unfehlbarkeit.

Von 1940 bis '49 wurde auch nach dem Grab dieses angeblichen Urpapstes unter St. Peter in Rom gegraben. Und der Vatikan konnte einen Erfolg vermelden! Zwar hätte man Petrus' Gebeine nicht finden können. Sehr wohl aber hätte man „die Stelle des Grabs“ gefunden. Petrus' Gebeine seien wahrscheinlich in unsicheren Zeiten nach anderswo verfrachtet worden. Nicht also ein Grab, aber die „Stelle eines Grabes“ hätten die vatikanischen Archäologen identifizieren können. Für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat man die „Stelle“ aber nie. Es gäbe dort auch, verlautete zur Begründung, „kaum etwas Denkwürdiges“ zu sehen.

Kriminalgeschichtlich waren es also Urkundenfälschung und Betrug, auch Störung der Totenruhe (denn einmal entpuppten sich angebliche Petrusknochen auch als älter zu datierende, aber einer Frau zugehörige,) die Roms Bischof groß und dann zum Papst gemacht haben. Die folgenden Verbrechen waren schlimmer. Die Zeitläufte gaben reichlich dazu Gelegenheit. Rom im Verein mit Alexandria gegen Antiochia. Rom im Verein mit Alexandria gegen Konstantinopel. Im Verein mit Konstantinopel gegen die bereits schon christlichen, aber arianisch-ketzerischen Goten. Dann wieder Konstantinopel, das eh sich in der Skrupellosigkeit jederzeit mit Rom messen konnte, zusammen mit den Goten und gegen Rom. Dann wieder Rom, zusammen mit den Goten, gegen andere Goten. Fast ununterbrochen tödliche Intrigen, Giftmord, Mord, Massenmord und Totschlag, Betrug noch und nöcher, Korruption, falsche Zeugnisse. Randalierende, plündernde Mönchshorden. Und immer hatten alle Seiten das Ketzeretikett parat für den jeweiligen Konkurrenten und Gegner. Immer ging es angeblich nur um den reinen Glauben. Deschners Reihung - sie ist immer ausgezeichnet belegt, aber zuweilen, ich sagte es bereits in Bezug auf den 1. Band, ermüdet sie.

Erhellend ist das gleichwohl. Zum Beispiel auch die eigenartige Karriere der Jungfrau Maria. Bis ins 5. Jahrhundert wurde sie in Rom in keinster Weise verehrt. In der Bibel kommt sie ja auch kaum vor. Aber im Osten, in Antiochia, spitzte sich da der Kampf um die Bischofswürden zwischen den sog. Nestorianern und Kyrillisten an der Marienfrage mächtig zu. Zuvor hatten sie sich (vgl. mit der Besprechung des Bd. 1) über die eine göttliche Natur Jesu versus der 2 Naturen in ihm dogmatisch gestritten und sich gegenseitig der Ketzerei geziehen. In Bezug auf die arme Maria hatten sie sich dann darum gestritten, ob sie als „Mutter Gottes“ oder „Gottesgebärerin“ bezeichnet werden dürfte, oder ob dieses zu nahe sei am alten heidnischen Glauben an weibliche Götter, und somit Ketzerei, und allenfalls von der „Mutter Christi“ oder „Christusgebärerin“ gesprochen werden dürfe. Rom hielt sich also, wie gesagt, zuerst heraus. (Außer, dass es Maria schon sehr bald eine „dauernde Jungfernschaft“ attestiert hatte, obwohl an einer Stelle in den Evangelien von mehreren Söhnen Marias die Rede ist …)

Die Marienfrage zwischen Kyrillisten und Nestorianern wurde dann auf dem Konzil von Ephesos 431 geklärt. Beide Fraktionen rückten, umgeben jeweils von einer Entourage gewaltbereiter Mönche, zu dem Konzil an, das damals bezeichnenderweise noch nicht vom Papst, sondern vom Kaiser ausgerichtet und einberufen worden war, um den gestörten Kirchenfrieden nämlich wieder herzustellen. (Dass es vom römischen Papst einberufen worden war, ist auch erst eine spätere falsche Behauptung.) Bezeichnend ist auch, dass die angebliche Streitfrage um Maria in den Protokollen von Ephesos mit keinem einzigen Wort erwähnt wird. Die Kyrillisten waren jedenfalls besser auf den Event vorbereitet. Sie setzten den Beginn des Konzils durch, obwohl noch viele (gegnerische) Bischöfe auf der Reise waren und sich verspäteten. Sie verteilten an die örtlichen Machthaber und an unentschiedene Teilnehmer die wertvolleren Überredungsmittel, d. h. Geschenke. Ja, man kann sagen, dass dieses heutige Dogma von der „Gottesmutterschaft Marias“ ein ausgesprochen teuer erkauftes Dogma war! (Was auch von heutigen katholischen Historikern vielleicht vornehm umschrieben wird, aber nicht bestritten.) Die Nestorianer jedenfalls erlitten auf dem Konzil von Ephesos, einberufen in eine Stadt, in der es übrigens seit Urzeiten ein heidnisches weibliches Heiligtum gegeben hatte, eine vernichtende Niederlage. Sie wurden als Ketzer verurteilt, ihre Bischöfe abgesetzt, sie wurden verprügelt, verhaftet, exkommuniziert, verbannt.

Kaum aber waren die Nestorianer aus dem Weg geräumt, billigten die Kyrillisten genau jene Kompromissformel, die Marienfrage betreffend, die sie vorher noch als allerschlimmste Ketzerei abgelehnt hatten, und entsprachen damit auch dem kaiserlichen Interesse, den internen Religionsfrieden (auch mit den „Heiden“?) schleunigst wieder herzustellen. Und in der unmittelbaren Folge schlug sich dann eben auch Rom auf die Seite der siegreichen Kyrillisten und trug nun die Kompromissformel mit, und seither wird nun auch in Rom die Maria fast wie eine heidnische weibliche Gottheit verehrt. Tja, so kann's gehen …

Und überhaupt war der römische Bischof, der angebliche sukzessive Nachfolger Petrus', waren der Vatikan und die Päpste diplomatisch immer sehr geschickt. Es folgten die chaotischen Jahrhunderte der Völkerwanderung und des kontinuierlichen Niedergangs Roms. Am Endergebnis sehen wir heute: Die Hauptprofiteurin in Europa an dem folgenden jahrhundertelangen Chaos mit sich anschließendem finsteren Mittelalter war dann bis heute die Römisch-Katholische Kirche.

02. Februar 2011

Museum zu erwerben

Heute habe ich Skizzen und einem Museum das Angebot gemacht, mit Halbs Mini-Museum in jenes überzusiedeln. Das Angebot gilt selbstverständlich auch für andere Interessierte. Von der Museumstischlerei bräuchte ich dazu eigentlich fast bloß einen ca. 5 x 4 x 3 Meter großen Kubus …

Die Eingangsseite:


Außensicht

[ Juni 2011 ]

Nachtrag, bzw. Aktualisierung

Die anderen Skizzen aus dem Februar habe ich von der Seite genommen, denn die Bilder von Halbs Mini-Museum in neuem räumlichen Umfeld habe ich mittlerweile detailliert ausgeführt. So sieht das jetzt aus:


Ein Museum im Museum


Hier können Sie sich alle neun Ansichten von Halbs Mini-Museum in einem Museum als pdf-Datei herunterladen. (6 MB)

11. Februar 2011

Heute im Fernsehen -
Karmisch und Gairo

Bei der Ski-WM in Karmisch ist der Titelverteidiger Mubarak zurückgetreten und haben die Militärs die Macht übernommen und wollen für demokratische Wahlen sorgen. Und in ganz Gairo wurde gejubelt und die Nacht durchgetanzt ob der nun schon drei österreichischen Medaillen nach den ersten drei Entscheidungen.

13. Februar 2011

Politische Lyrik

Die ersten zwei Verse ergeben sich wie von selbst, allein schon deshalb, weil sich schlicht und einfach nichts anderes reimt auf Ägypten:

Was jüngst nun geschah in Ägypten,
War, dass wir vorerst einmal übten.

Aber wie kann bzw. muss das Gedicht nun weitergehen? Das ist wirklich schwierig, denn erstens soll die dritte Zeile nun enden auf Österreich und sich zweitens der vierte und letzte Vers wieder darauf reimen, drittens muss es natürlich auch metrisch stimmen und soll es sich nicht anhören wie eines jener unsäglichen, bei einem runden Geburtstag vorgetragenen holprigen Laiengedichte, und viertens sollte aber auch, last not least, nicht bloß ein vollkommener Blödsinn dabei herauskommen. Eine schwierige und reizvolle Aufgabe …

Vielleicht so?

Was jüngst nun geschah in Ägypten,
War, dass wir vorerst einmal übten.
Denn wir haben auch in Österreich
Einen Kronenverlags-Zeitungsscheich.

Nun ja. Das ist vielleicht noch nicht ganz das Gelbe vom Ei. Für bessere Lösungen des lyrischen Problems bin ich jederzeit offen. Natürlich auch aus anderen Ländern. Für Deutschland könnte eine mögliche Lösung … nein, kann das Gedicht eigentlich nur so lauten:

Was jüngst nun geschah in Ägypten,
War, dass wir vorerst einmal übten.
Was folgen muss nun in Deutschland
Ist ein Kampf gegen's Bierdosenpfand.

Aber vielleicht finden Sie noch bessere Lösungen des lyrischen Problems? Bitte schreiben Sie mir an info@victorhalb.at

17. Februar 2011

Die Leichenfledderer

Gestern diskutierte der Club 2 zum Tod von Peter Alexander: Wie ist sein künstlerisches Lebenswerk einzuschätzen?

Stimmen aus dem Kulturbetrieb: Er war einer der ganz Großen. Ein Allround-Talent. Vorbild für den aufstrebenden Nachwuchs. Perfekt gemanagt. Über Jahrzehnte waren seine Shows Straßenfeger. Er war der richtige Mann zur richtigen Zeit (über Jahrzehnte) am richtigen Ort (in Deutschland und Österreich).

Peter Weibel erhebt Einspruch: Er konnte nicht tanzen. Er konnte auch nicht wirklich gut singen.

Das war es ja gerade, antwortet der Kulturbetrieb. Dieser sympathische Mann mit den kleinen Fehlern traut sich da einfach auf die Bühne und macht … Und Dagmar Koller stellt klar, dass wenn Peter Alexander nur ein mittelmäßiger Sänger gewesen sei, sie es jedenfalls immer noch weit schlechter vermochte.

Peter Weibel verweist auf die Kontinuitäten in der Filmindustrie von den angeblich unpolitischen Unterhaltungsfilmen der Nazi-Zeit zum Heimatfilm und zur seichten Unterhaltung im deutsch-österreichischen Film bis weit in die Siebziger hinein.

Der Kulturbetrieb stellt richtig, dass die Macher der wirklich knallharten Nazi-Propaganda-Filme nach '45 keine Filme mehr hätten produzieren dürfen. Und dass die reine Unterhaltung auch ihre Berechtigung hätte und sehr wohl eine vollwertige, wenn auch immer wieder verunglimpfte Kunstform wäre. Dass es die reine Unterhaltung ja auch anderswo geben würde: Siehe zum Beispiel James Browns „I feel good“. Wenn Peter Alexander etwas mit der Nazi-Zeit zu tun hätte, dann doch dies: Dass der Welt hier nun ein Österreicher präsentiert wurde, der wirklich keiner Fliege etwas zu Leide tun konnte und nicht auch nur die Spur von etwas Bösem noch in sich trug.

Die wirklich Großen, stellt Peter Weibel klar, hätten alle auch etwas Abgründiges gehabt, Alkohol, Kontakte zur Mafia. Peter Alexander hätte niemals wie Sinatra in einem Film einen Alkoholiker spielen können. Damit wäre er weg vom Fenster gewesen.

Der Mörbisch-Intendant nimmt Peter Alexander in Schutz: Er sei ja nur das Material gewesen, sei eben auf diese Art und Weise gemanagt worden, hätte die gute Welt repräsentiert und den Liebling gegeben. Wenn er auf sein Managemant nicht gehört hätte und ein stärkerer Charakter, ein Mann mit Eigenschaften gewesen wäre, dann wäre aus ihm nicht das geworden, was aus ihm geworden ist. Er hätte aber doch auch Unglaubliches bewirkt. Moderator Köhlmeier fragt sofort - denn es ist ja eine kritische Diskussion - kritisch nach: Was hat er bewirkt? Eine unglaubliche Seligkeit, kommt die Antwort. Er hätte die Leute nach dem Krieg wieder gezwungen zu einem Schmunzeln auf den Gesichtern, zu diesem gewissen chinesischen Lächeln, über alle Generationengrenzen hinweg.

Der Kulturbetrieb dröselt es auf: Unterhaltung hätte nicht unbedingt immer die Funktion, politisch aufzuklären. Es gebe da die Vergolder, dann gebe es die Weltverbesserer, (die wir manchmal auch gelten lassen müssen,) und dann gebe es eben auch die, die sich darin gefallen, immer alles nur mies zu finden.

Aber dieser Charme war einzigartig, stellt Frau Koller klar. Diese Leichtigkeit, diese Eleganz, auch der Schmäh. Wegen ihm hätte sie sich als Künstlerin dann, obwohl aus Kärnten kommend, als Wienerin ausgegeben.

Die Kritik verstummt aber nicht. Diese größten deutschen Unterhaltungskünstler seien ja alle Pseudo-Holländer, Pseudo-Italiener, Pseudo-Griechen, Pseudo-Mexikaner gewesen. Und was wohl von einem Wiener zu halten sei, der von einer Kneipe gesungen hätte am Ende der Straße?

Das wäre doch völlig klar, kommt die Antwort, dass der weit größere bundesdeutsche Markt gar nicht verstanden hätte, was ein Beisl ist. Da hätte sich Peter Alexander eben wieder einer Einflüsterung von Seiten des Managements gebeugt.

Und so wurde dann noch weiter diskutiert und immer weiter. Die einen ließen ihn hoch leben, der andere zerlegte ihn kritisch, und die Frage war bloß, welche Seite ihn und sein Lebenswerk gründlicher entlarvt und in den Schmutz gezogen hat. Peter Alexander hat sich wohl nicht ohne Grund, drängte sich der Eindruck auf, in den letzten Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen.

Aber unweigerlich steht nun, nach seinem Tod, ein Hype an. Denn er war der Vorläufer der Dancing-Stars. Er war die Avantgarde unzähliger heutiger YouTube-Künstler. Er war, so wird die Kulturgeschichte schon in Kürze über ihn urteilen, ein Unterhalter, Allroundkünstler und Perfektionist alter Schule und produzierte zwar nur Trash, aber auf höchstem Niveau.

25. März 2011

Hysterie auch in Österreich!

Strahlenschäden?


Mir scheint, ich kann jetzt die Folgen von Fujikato schon am eigenen Leib spüren.

Vielleicht sind es aber auch keine Strahlenschäden, sondern mein Körper legt sich nur gerade eine Panzerung zu.

(Und für Deutschland wie fast alle anderen unserer Nachbarländer gilt weiterhin, was im Eintrag vom 6. Juni 2008 geschrieben steht:)



Störfall

Wenn da Kühlwasser austritt,
Und die Kernschmelze droht,
Ist ein zügiges Teamwork
Dann das erste Gebot: –

Der Erste holt den Notfallplan.
Der Zweite fährt die Kiste runter.
Der Dritte ruft die Nachbarn an,
Und macht sie falls es Nacht ist munter.

Der Erste hat’s ganz wohl getan.
Dem Zweiten war das Glück auch hold.
Der Dritte rief die Nachbarn an,
ganz wie er es auch machen sollt’.

Doch hat dabei er einen Fehler gebaut.
Und damit nun sich sicher die Laufbahn versaut.
Denn obwohl der Kern gar noch nicht heiß genug war,
Nahm der Mann gleich das Kernschmelzalarmformular.

Und so hat er doch einige Panik verbreitet,
die Eil’ hat ihn wohl zu dem Fehler verleitet.

Doch wenn’s auch erschreckte,
So war’s doch auch gut,
Indem man entdeckte,
Was künftig Not tut: –

Wenn der Kern gar nicht schmilzt,
wie’s auch diesmal war,
Nimmt man nie dieses
Kernschmelzalarmformular!

02. April 2011

Der 3. Band

Ich habe jetzt auch fertig gelesen: Karlheinz Deschners „Kriminalgeschichte des Christentums - Bd. 3: Die Alte Kirche“.

In vier Abschnitten behandelt Deschner hier „Fälschung, Verdummung, Ausbeutung, Vernichtung“ in der Zeit etwa von 400 bis 1000 n. Chr. Das lässt schon erahnen, dass die Trennschärfe des Kriminalitätsbegriffs, der ja immerhin im Titel steht, nun doch gewaltig nachlässt. In meiner Besprechung des 1. Bands hatte ich Deschner noch dafür gelobt, dass er nur Kriminelles anprangern würde, was auch nach den eigenen Maßstäben der Gläubigen als kriminell angesehen werden muss und nach den Maßstäben der jeweiligen Zeit. „Verdummung“ zu praktizieren und zu verbreiten war aber natürlich nie in der Geschichte in diesem Sinn „kriminell“. Auch „Ausbeutung“ ist vielleicht moralisch verwerflich und in ihren schlimmsten Formen wahrscheinlich auch durch den Text der Bibel nicht gedeckt. Aber „kriminell“, nicht im dehnbaren moralischen Sinn, sondern ganz handfest und faktisch kriminell, nämlich definiert als: gegen Gesetze verstoßend - „kriminell“ also in einem wohldefinierten Sinn waren doch eher immer die, die genau das Gegenteil taten, indem sie sich mit ihren Worten und Taten gegen die zeittypischen Formen der Verdummung oder Ausbeutung stemmten. Die Problematik des juristischen Kriminalitätsbegriffs, und vor allem auch des nicht streng juristisch verstandenen, kommt nun also in diesem 3. Band doch voll zur Wirkung.

Dabei zeigt noch der 1. Abschnitt über „Fälschung“, dass es auch anders geht: Da diskutiert Deschner noch ganz genau die Ansichten und Äußerungen einiger heutiger Apologeten, dass Fälschungen damals sozusagen „normale und gebräuchliche Kulturtechniken“ gewesen wären. Da belegt er noch ganz genau, dass Fälschungen im Gegenteil schon seit Jahrtausenden als verwerflich angesehen, eben darum stets sorgfältigst verborgen, und wenn entdeckt, dann schärfstens verurteilt wurden. Nicht zuletzt haben auch einige später überführte Fälscher selbst oft Fälschungen, nämlich die der Gegenseite, vehement gebrandmarkt. Dass all diese von Deschner dokumentierten Fälschungen im Alten Testament und im Neuen Testament und in all den „apokryphen Schriften“ und Apostelakten und Märtyrerakten und Bischofslisten sehr wohl auch nach den Maßstäben der jeweiligen Zeit eindeutig als „kriminell“ zu bezeichnen sind, wird von Deschner noch gut belegt.

Im Unterabschnitt der Fälschungen über „Wunder- und Reliquienbetrug“ ist das dann schon nicht mehr so eindeutig, ob das im engeren Sinn immer auch „kriminell“ war. Deschners Exkurs zur Entwicklung des Reliquienhandels zeigt das ja sehr schön auf: Wie da die alte griechische Praktik des Heroenkultes vom Christentum übernommen und für seine Zwecke adaptiert und durch den Besitz wichtiger Leichenstücke der jeweilige Bischofssitz geschichts- und ideologieträchtig aufgewertet wurde. Wie dadurch die Nachfrage nach solchen Stücken stetig stieg und bald nicht mehr befriedigt werden konnte. Wie dann zuerst auch Barthaare und Ähnliches Reliquienstatus zugesprochen bekam, und dann auch die sogenannten „Berührungsreliquien“, Gegenstände also, die von einem tatsächlichen oder erfundenen Heiligen oder Märtyrer angeblich einmal berührt worden waren. Wie schließlich auch die „Berührungsreliquien“ sozusagen zweiter Ordnung in den Handel kamen, Gegenstände, die ihre heilende oder geistervertreibende Wirkung allein dadurch entfalteten, dass sie bloß mit einem anderen Gegenstand einmal in Kontakt waren, welcher zuvor von einem der tatsächlichen oder erfundenen Heiligen oder Märtyrer einmal berührt worden war. Dieser immer gewinnträchtiger gewordene Geschäftszweig hat bekanntlich auch dazu geführt, dass die Marotte einiger ziemlich seltsamer Menschen, die bei kleinen Knaben abgeschnittenen Vorhäute nicht wie üblich zu entsorgen, sondern sie vorsorglich aufzuheben - denn man weiß ja nie! - manchmal noch reichen Gewinn abwarf. Und auch der kleine Jesus war ja offenbar von solchen Perverslingen umgeben und hatte, was anatomisch selten und beim Verkauf an mehrere Bischofssitze praktisch ist, gleich drei davon! Berühmt ist auch ein Märtyrer mit Fingern, verteilt auf fast 200 Kirchen.

In einem weiteren Exkurs behandelt Deschner ebenso ausführlich und gut belegt die Entwicklung des ähnlich geschäftsträchtigen „Wallfahrtsschwindels“. Aber zurück zur Frage: Ist das immer auch kriminell? Wo da wissentlich gefälscht wurde, war es juristisch Betrug, und somit kriminell. Deschner macht den kirchlichen Aktivisten im Reliquien- und Wallfahrtsschwindel aber auch den Vorwurf, sie würden offenbar selbst nicht an die Wirkung von Reliquien, auch der „echten“, und von Wallfahrten glauben, und die Gläubigen also wissentlich täuschen. Wieder anderen wirft er auch vor, dass sie an diesen irrationalen Humbug glauben. Beides ist ganz offenbar nicht „kriminell“ und justitiabel. Beides dürfte ihnen auch nur schwerlich zu beweisen sein.

Danach kommt dann, wie gesagt, der Abschnitt über „Verdummung“. Nicht wie das Christentum für Jahrhunderte die antike Bildung ruiniert und so den Weg ins finstere Mittelalter geebnet hat, war, wie gesagt, im Wortsinn kriminell, sondern kriminell im Wortsinn waren doch im Gegenteil immer die, die versucht haben, sich diesem Trend zu widersetzen.

Ähnlich verhält es sich mit dem Abschnitt über „Ausbeutung“. Seit je gibt es in den christlichen Kirchen zwei widerstreitende Ansichten über arm und reich. In der offiziellen Kirche setzte sich die besitzfreundliche Richtung schon sehr bald durch. Nicht zuletzt hat sie sich inmitten allgemeinen schreienden Elends immer recht schamlos bereichert. Sie profitierte von der Sklaverei und mit dem Kolonatsystem, welches die Menschen an ihre Scholle fesselte, hat die Kirche maßgeblichen Anteil an der Modernisierung der Sklaverei und an deren Erhalt und Festigung. Aber auch hier die Problematik des Begriffs: Denn „kriminell“ waren immer nur die, die sich dagegen wehrten!

Im letzten Abschnitt über „Vernichtung“ schildert Deschner die Auslöschung des heidnischen griechisch-römischen Erbes. Tempelschändungen, Tempelumwidmungen, Bücherverbrennungen, Kunstvernichtung. Im Zuge dessen viel Mord und Totschlag, viel Kriminelles auch. Aber auch hier: „Gesetzliche Schikanen“ der ersten christlichen Herrscher gegen die Heiden zum Beispiel sind eben gesetzliche und also per se nicht „kriminell“.

In einem kurzen Nachwort schildert Deschner, dass er oft christlich inspirierte Antworten erhalten habe in der Art: Er könne christliche Verbrechen schildern, so viele er wolle, den Glauben erschüttere er dadurch trotzdem nicht. Deschner antwortet darauf, dass er manchmal ja nicht nur die ethische, sondern auch die dogmatische Seite darstellen würde, und das sollte doch gerade die gläubigen Menschen auch angehen. Diesen aber gehe es nicht um Wahrheit. Ihnen gehe es nur um ihr Problem: Sie glaubten, ohne Glauben nicht leben zu können. Dabei würden sie, in Indien geboren, etwas anderes glauben, und in Afrika wieder etwas anderes. Aber aus vielen anderen Zuschriften, die er erhalten habe, wisse er: Es gehe sogar sehr gut auch ohne Glauben, ja, sogar besser noch. Im Grunde fange nach dem Glauben das Leben erst an. Gut gegeben!

Aber der Titel des Buches ist halt leider nicht ganz gut gewählt. Nichts gegen ethisch-moralische Diskussionen, nichts gegen das Infragestellen von Dogmen. Aber eine Kriminalgeschichte ist das, was in diesem Band abgehandelt wird, ganz überwiegend nicht.

30. April 2011

Verdammt!

Jetzt habe ich die Traumhochzeit von Prinz Charles und Lady Di gestern komplett verpasst!

02. Mai 2011

Gedicht zum Tage

Ob, nun selig gesprochen, John Paul der II.,
Das letztendlich nicht doch schwer bereute:

Dass er zwar eine Nonne per Wunder heilte,
Aber zur selben Zeit in Saudi-Arabien ein Mann auch verweilte,
Der ebenfalls litt,
Und dabei bitter und bitterer wurde.

Sein Name war Osama Bin Laden.

Er hatte Krampfadern in beiden Waden.

23. Mai 2011

Tipp3-Bundesliga

Werden die Rapidspieler am letzten Spieltag ihren depperten Fans auch mal auf die Goschn hauen, oder doch wieder bloß umgekehrt?

Wird sich noch ein Zusammenhang erweisen zwischen dem seltsamen Handspiel im Strafraum gestern mit wahrscheinlich meisterschaftsentscheidendem Strafstoß für Graz kurz vor Spielschluss und den 6-stelligen Wettsummen, die zur selben Zeit in Asien auf einen Grazer Sieg gesetzt wurden?

Es ist seit langem das spannendste Finish einer österreichischen Meisterschaft, in der Tat.

02. Juni 2011

Liebe Leute!

Seids nehd so hysterisch und essts gefälligst wieder Gurken!

13. Juni 2011

Die Tautologikerin

Illegalität ist ein guter Nährboden für Kriminalität, hat die neue Innenministerin Mikl-Leitner in einem Interview im Standard festgestellt.

Ihre Zielgruppe weiß dann gleich, was damit gemeint ist. Sie wollte halt zwei Reizwörter in einem einzigen Satz unterbringen. Leute wie ich dagegen, die richtig Deutsch zu sprechen gelernt haben, werden dann sofort bemerken, dass das ein tautologischer Unsinn ist, ganz so, als hätte sie es umgekehrt gesagt: Kriminalität ist ja ganz ebensogut immer schon ein guter Nährboden für Illegalität gewesen.

Das Tautologische liegt ihr als Vertreterin eines Volkes, das ja auch gerne von sich sagt: „Mir san mir“, offenbar im Blut. Als der Standard sie fragt: Was macht man mit Ausländern, die keinen legalen Aufenthaltstitel haben?, da leitet sie ihre Antwort ein: Prüfen, ob sie legal oder illegal da sind …

Sie will sich wahrscheinlich vom Standard um keinen Preis nicht eine mangelnde Sorgfalt vorwerfen lassen. Jedenfalls lässt sie also ihre Untergebenen, wenn ihnen Ausländer in die Hände fallen, die keinen legalen Aufenthaltstitel haben, erstmal prüfen, ob sie legal oder illegal da sind und danach erst, was ja andererseits auch wieder ganz zivilisiert und löblich ist, danach erst die Konsequenzen ziehen.

Wie sehen diese Konsequenzen aus? Asylwerber, deren Leben bedroht ist, erhalten natürlich Schutz und Unterstützung. No na! Aber diese „Asylwerber“ haben ja auch, wie der Name sagt, um Asyl geworben und von daher - zumindest vorübergehend - einen legalen Aufenthaltstitel. Das war nicht die Frage. Und die anderen? fragt der Standard also noch einmal nach.

Es gibt auch Wirtschaftsflüchtlinge, die müssen außer Landes gebracht werden, lautet die Antwort.

Und auch hier wird Mikl-Leitners Zielgruppe wahrscheinlich wieder heftig nickend applaudieren. Dass es da „Wirtschaftsflüchtlinge“ gibt, die dem Wortsinn nach also entweder vor einer desolaten Wirtschaft oder auch von wegen der ganzen Weltwirtschaft und jedenfalls aber in eine bessere Wirtschaft geflohen sind. Wirtschaftsflüchtlinge - wieder so ein Reizwort! - erhalten von Mikl-Leitner und ihrer Klientel natürlich, auch wenn ihr Leben ganz ebenso bedroht sein mag wie das der Asylwerber, nicht Schutz und Unterstützung. Um das noch mal ganz klar zu stellen.

Sie spricht dann noch von Wien, wo der Kristallisationspunkt der Kriminalität stattfindet, und würde sich überhaupt bei den Deutschtests, wie sie für Einwanderer nach Österreich obligatorisch sind, schwer tun. Aber als Innenministerin muss man sich solchen Tests ja nicht aussetzen.

Als Innenministerin trägt man Verantwortung für die Sicherheit der Republik. Das erfordert rasche und klare Entscheidungen und bedarf hoher Managementqualitäten.

Die sie gewiss treffen kann und hat. Und um was geht es aber bei dem Job absolut nicht? Vielleicht sagen Sie es uns, Frau Mikl-Leitner, noch mal schön tautologisch?

Es geht weder um Applaus noch um Beifall.

In Österreich, wie es heute ist, wird sie trotzdem vom Einen wie vom Andern reichlich bekommen.

15. Juni 2011

Karl der Große - ein Computerspiel

Ich habe nun auch gelesen: Karlheinz Deschners „Kriminalgeschichte des Christentums, Bd. 4 - Frühmittelalter“. Die Regierungszeit von Karl dem Großen kann ich mir gut als Computerspiel vorstellen.

Burgunderkrieg, Schwabenmassaker, Chlodwig, die Pippins, Karl Martell, die Vernichtung des Thüringer Königshauses, das ist alles schon Geschichte. Das Frankenreich ist geeint. Du bist nun Kaiser Karl und hast ca. 40 Jahre (Regierungs-)Zeit. Du verfügst über ein mächtiges Heer, aber du hast dein ganzes Geld für Weihnachtsgeschenke ausgegeben und kannst deinen Soldaten keinen Sold zahlen. Deshalb führe stets Krieg und lasse sie plündern und rauben. Im Osten deines Reiches und im Norden und Nordwesten bis hin zum Ärmelkanal hausen die Sachsen. Sie sind Heiden. Bei ihnen gibt es noch das Gemeineigentum des Bodens. Überfalle sie möglichst jedes Jahr im Frühjahr und Sommer und bekehre sie zum Christentum. Reiß ihre heidnischen Heiligtümer nieder. Töte möglichst viele von ihnen oder zwinge sie, sich taufen zu lassen. Spiele ihre Fürsten gegeneinander aus. Versprich einigen freies Geleit und meuchle sie dann trotzdem nieder. Raube ihre Schätze. Von den anderen, die bereit sind, katholisch zu werden, (die Fürsten sind stets eher dazu bereit als das einfache Volk,) verlange Tribut. Wenn die kalte Jahreszeit naht, benutze einen Teil deines Raubertrags, um wehrhafte Klöster anzulegen. Die Mönche (und ein paar Soldaten) dort sollen, wenn du nicht mehr da sein wirst, über die Sitten und Gebräuche der Unterworfenen wachen. Erlasse, bevor du abziehst, Gesetze. Bedrohe alle heidnischen Handlungen mit dem Tod. Schaffe vor allem auch das Gemeineigentum am Boden ab. Verordne der Landbevölkerung die Zahlung eines Zehnten an die Klöster und führe so die Frühform der Leibeigenschaft ein. Begib dich dann im Winter nach Hause und feiere ein schönes Weihnachten mit einer deiner minderjährigen Liebsten.

In Rom sitzt der Papst. Gib auch ihm immer reichlich vom Gestohlenen ab, denn dann schickt er dir die mönchischen Polizisten für die Wehrklöster und segnet im Frühjahr deine Truppen.

Wenn Weihnachten gefeiert ist, mach die Kriegspläne fürs nächste Jahr. Wenn es Nachrichten von Sachsenaufständen in bereits eroberten Gebieten gibt, mach eine Strafexpedition. Lass deine Soldateska ganze Landstriche verheeren. Tränke den Boden mit Sachsenblut! Denk auch daran, die Gebeine der beim Heidenaufstand getöteten Mönche zu erobern, zerlege sie in viele Teile und verkaufe sie als Gebeine von christlichen Märtyrern. Mit diesem Reliquienhandel lässt sich ein schönes Geld verdienen!

Oder wenn es bei den Sachsen ruhig war, dann ziehe gegen noch weiter entfernte Sachsen, oder mach vielleicht einen Ausflug zu den Friesen im Norden. Die sind ebenfalls noch keine Christen. Oder zu den Westgoten, hinter die Pyrenäen. Die sind zwar bereits katholisch, aber wegen ihrer Auseinandersetzung mit den Arabern auf der iberischen Halbinsel geschwächt und leichte Beute. Aber pass beim Rückzug auf! In den steilen Pyrenäentälern lauern die wilden Basken darauf, deinen Truppen auf die Mütze zu geben.

Bonuspunkte gibt es, wenn es dir gelingt, durchs mit Rom verbündete Bayern und gegen die Awaren dahinter zu ziehen und ihnen den legendären Awarenschatz zu rauben. Wenn es dazu noch gelingt, die Awaren komplett aus der Geschichte zu tilgen, öffnet sich in den weiteren Runden auch die Option, die slawischen Völker am Balkan anzugreifen und sie mit der christlichen Heilslehre zu beglücken.

Versuche so nun Jahr für Jahr, „das Frankenreich abzurunden“, wie das ein deutscher Historiker in den 1940-er Jahren sehr schön genannt hat. Komm dem Papst zu Hilfe, wenn er in Italien Probleme mit aufsässigen Leibeigenen hat. Gib ihm vor allem immer genug von der Kriegsbeute ab! Feiere in jedem Jahr Weihnachten! Vergiss auch nicht, zwischen den Gemetzeln möglichst oft zu beten! Wenn es dir gelingt, die Kultur der Sachsen mit ihrem heidnischen Glauben und barbarischen Gemeineigentum aus der Welt zu schaffen und in den ehemals sächsischen Gebieten auch dauerhaft wehrhafte Klöster und die Leibeigenschaft zu etablieren, wirst du am Ende heilig gesprochen und von den Historikern „groß“ genannt werden, und dann hast du das Spiel gewonnen.

25. Juni 2011

Ökonomie in FETTBUCHSTABEN

„Unser GELD für unsere Leute“, lässt der Blaufrosch nun gerade breit in Wien plakatieren. Die KRONENZEITUNG sowie die sonstigen Gratisblätter für den bescheidenen Geist assistieren ihm jeden Tag mit einer passenden Schlagzeile, und prompt kann er sich wiedermal in guten UMFRAGEwerten sonnen.

Ökonomie für DUMMIES, so sieht sie also aus: Ein Staat geht bankrott, wegen eigener Faulheit oder unverantwortlichem SCHULDENgemache, kann also seine SCHULDEN nicht zurückzahlen. Ein paar Gläubiger des Pleitestaats (BANKEN) gehen wegen des Ausfalls dann ebenfalls noch pleite? Uns doch BLUNZN!

Was aber, wenn dies eine KETTENREAKTION wie in den 1920-ern nach sich zieht, könnte man fragen. Was, wenn auch die BANK des Kronelesers in Mitleidenschaft gezogen wird und ihm KEIN GELD MEHR auszahlen kann? Dann wird er zwar DEPPERT aus der Wäsche schauen, aber trotzdem noch sich bestätigt fühlen. Denn er hätte es ja, wird er dann sagen, immer schon gesagt: Mit dem SCHILLING, wird er dann sagen, wär' das nicht passiert! Und das wird er dann auch tatsächlich GLAUBEN und sich sogar ziemlich gut dabei fühlen, der naive Blaufroschwähler, wenn er dann deppert vor dem bankrotten BANKOMATEN steht, denn dass neben der seinen ein paar andere BANKEN und STAATEN und dazu noch der EURO und die ganze EU pleite gegangen sind, ist ihm gar nicht mal unrecht. Denn nicht zuletzt ist er vor allem auch APOKALYPTIKER.

Die TRAGIK an dem Ganzen (und der Grund auch, warum der Blaufrosch soviel Zuspruch bekommt) ist aber, dass auch die weniger apokalyptisch Gestimmten, die weniger einfach Gestrickten und mit einiger VERNUNFT Begabten sich offensichtlich schwer damit tun, einen RAT zu erteilen, was nun zu tun sei in der beinahe permanent gewordenen KRISE. Ja, offenbar ist das tatsächlich ziemlich KOMPLIZIERT!

Manchmal aber geben manche doch NÜCHTERN zu Protokoll: Dass der Grund für die Überschuldung mancher Staaten in der EU das UNGLEICHGEWICHT DER PRODUKTIVITÄT ist, welches, so es denn noch verschiedene Währungen gäbe, die ABWERTUNG der Währung in den schwächer industrialisierten Zonen erzwingen würde. Was zum Beispiel zur Folge hätte, dass dann die deutsche Mark zum Beispiel in Griechenland BILLIGER URLAUB machen könnte. (Und wohl auch der österreichische SCHILLING, so er denn noch aus dem Automaten kommen tät'.) Was aber nun, da es diesen MARKTMECHANISMUS und die unterschiedlichen WÄHRUNGEN innerhalb der EU nicht mehr gibt? Die LOHNSTÜCKKOSTEN müssten dann eben steigen in den produktiveren Ländern, sagen da diese noch relativ VERNUNFTbegabten Ökonomen, sprich: Die Arbeiterschaft in den reicheren Ländern müsste sich einen größeren ANTEIL AM KUCHEN erkämpfen. Vor allem in Deutschland seien die LÖHNE skandalös zu niedrig im Verhältnis zur industriellen PRODUKTIVITÄT. Bei angemessen steigenden Löhnen hätten die Deutschen dann ebenso - siehe da! - plötzlich mehr GELD FÜR DEN GRIECHENLANDURLAUB in der Tasche. Und die Produkte der weniger industrialisierten Regionen würden relativ billiger und wieder mehr KONKURRENZfähig. Ein LOHNWACHSTUM von 5 Prozent in den hochindustrialisierten Regionen in den nächsten Jahren gäbe auch den relativ ärmeren noch einen SPIELRAUM für ein Wachstum von 2 oder 3 Prozent, sagen jene noch relativ vernunftbegabten Leute, die sich GEDANKEN machen, wie DAS GANZE vielleicht auch noch weiterlaufen könnte ohne APOKALYPTIK mit überall bankrott gegangenen VERELENDUNGSZONEN um ein paar wenige verbliebene WohlstandsKERNe herum.

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