Die Statuette

(nach einem Besuch des Naturhistorischen Museums in Wien)

Ein Gruß sei Dir, Du holde Unbekannte,
Die einst Du gabst uns Sinn und Ziel und Macht.
Wer sich Dir leise tastend anverwandte,
Den hat Dein runder Körper angelacht.

So stehst Du da, stolz, massig, selbstbewusst,
Und wer Dich trug, dem konnte nichts geschehn.
Die Arm’ verschränkt, so reckst Du Deine Brust,
Und wer Dich sieht, kann seinen Ursprung sehn.

So ruhst Du in Dir, rund und fest und schwer,
Und warst der Ursprung alles dessen, was wir waren.
Doch, ach!, die Menschheit kennt Dich heute
kaum noch mehr;
Tief drunt verschüttet lagst Du Hunderte von Jahren.

Einst wardst aus Stein geformt Du von den Ahnen.
Dein Bild könnt’ heut’ noch uns zum Glücke mahnen.

Dir, Venus, jetzt „von Willendorf“ genannte,
Ein Gruß sei Dir, Du holde Unbekannte.

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