Zum Abschluss möchte ich mich noch direkt an die Verlage wenden. Meine persönlichen Schlussfolgerungen mitteilen. Damit der nun vorliegende, mein neuerlicher literarischer Selbstversuch wenigstens auch zu etwas gut war. Ich möchte auch einen Appell aus den gemachten Erfahrungen ableiten.

Durch eine glückliche Fügung waren mir unerwartete Geldmittel zugeflossen, die es mir bei diesem Buch gestattet hatten, die Verschickungs- und Bewerbungsaktion bei den Verlagen quasi flächendeckend durchzuführen. Und so hat sich bei diesem Buch nun definitiv erwiesen, dass es im gesamten deutschsprachigen Verlagswesen als zur Veröffentlichung ungeeignet befunden wird. Aber eine solch wünschenswerte Klarheit wird ja nur selten einmal zu erreichen sein. In der Regel konnte ich sonst, mittelloser Schriftsteller, der ich bin, solch einen umfangreichen Aufwand nicht betreiben. Auch bei den meisten Kollegen wird es so sein, wie es auch bei mir bisher immer war: dass sie es sich vielleicht leisten können, höchstens zehn oder fünfzehn Verlage anzuschreiben. Und so geraten wir dann üblicherweise in nichts als ein reines Glücksspiel, mit äußerst geringer Gewinnchance, bei welchem im wahrscheinlichen Fall einer Nietenziehung nicht einmal der Erkenntnisgewinn herausspringt, dass das entsprechende Buch definitiv für eine Veröffentlichung ungeeignet ist. Auch sonst ist für den Autor der Erkenntnisgewinn nahe null. Vom einzelnen Verlag erfährt er in aller Regel nicht, woran er in diesem Haus gescheitert ist. Zynisch wird ihm noch hinterher geschrieben, dass ihm viel Glück gewünscht werden würde in einem anderen Haus. Welches Haus das aber nun sein soll, erfährt er ebenfalls nicht. Und also kommen die vielen Fälle dabei heraus, dass es schlechte Autoren mit schlechten Manuskripten bei anderen Verlagen immer wieder probieren; und es resultieren gewiss oft auch Fälle daraus, dass die besseren Autoren mit ihren Büchern nach einigen Versuchen aufgeben und resignieren. Weder ist also bei der Entscheidungsprozedur, wie sie momentan angelegt ist, sichergestellt, dass die guten Bücher zum Zuge kommen, noch enthält sie irgendeine vernünftige Vorkehrung, auf dass der Manuskripteberg nicht ständig immer noch weiter wächst. Diese Manuskriptmengen haben so nun längst schon einen Umfang angenommen, dass es in den Lektoraten die reine Plage ist. Es soll mir bloß niemand behaupten, dass unter solchen Umständen noch ein vernünftiges Entscheiden möglich ist. Bei größtmöglicher Kompetenz der Lektoren ist es vielleicht gerade noch möglich, aus der Manuskriptenflut die gewünschten ein oder zwei pro Jahr herauszusuchen, die alle Voraussetzungen erfüllen mögen für ein Debüt. Aber selbst Lektoren mit größtmöglicher Kompetenz werden nicht ausschließen können, dass sich in den Bergen nicht noch gleichwertige und auch bessere Angebote befinden. Und ich rede hier jetzt wohlgemerkt von den Qualitäten, auf die es in den Verlagen ankommt: von denen hinsichtlich der zukünftigen Vermarktung. Denn dass es in den Verlagen schon lange nicht mehr auf literarische Qualitäten ankommt und ankommen darf, das weiß ja mittlerweile jedes Kind.

Eine Auswahl nach literarischen Gesichtspunkten wird vielleicht noch vorgetäuscht, findet aber real nicht statt; die Auswahl nach den Kriterien, auf die es den Verlagen ankommt, ist notgedrungen willkürlich und das reine Glücksspiel; die Anzahl der Autoren, nachdem sich die alte Arbeitswelt bekanntlich sehr verändert hat, und mit ihnen der Berg von Manuskripten wächst und wächst; das ganze verursacht auf Verlagsseite immense Kosten und auf Autorenseite immenses Leid – ist es da nicht an der Zeit, an dieser für alle Beteiligten entwürdigenden und bis zur Absurdität widersinnig gewordenen Prozedur etwas zu verändern?

Amerika – du hast es besser: Bei vielen US-amerikanischen Verlagshäusern haben sie die nötigen Schritte bereits getan. Auf den Websites vieler US-amerikanischer Verlage steht klipp und klar zu lesen: „Unverlangt eingesandte Manuskripte landen grundsätzlich im Papierkorb!“ Sie haben diese unwürdige Prozedur bereits ganz abgeschafft.

Und auch den Verlagen hier im deutschsprachigen Raum möchte ich zurufen: „Lasst dieses Spiel doch endlich sein!“ Den Autoren macht ihr damit falsche Hoffnungen. Euch verursacht es nur überflüssige Kosten. Bekennt euch vor allem zur Situation, wie sie wirklich ist! (Literatur hat doch auch immer noch mit Wahrhaftigkeit zu tun!) Gewöhnlich sucht ihr gar niemanden. Im normalen Verlagsalltag müsst ihr euch darauf konzentrieren, eure bereits eingeführten Hausautoren weiterhin gut zu betreuen. Ab und zu braucht ihr auch einmal frisches Blut, wenn einer von denen vielleicht eine länger andauernde Schreibhemmung hat oder verstorben ist. Aber in diesen Fällen gibt’s doch weiß Gott andere Möglichkeiten, um den erwünschten Nachschub sicher zu stellen, als solch eine für alle Seiten aufreibende Prozedur. Ihr müsstet dazu nicht einen dermaßen aufwändigen Apparat am Laufen halten. Um diese ein, zwei Debütanten pro Saison aufzutreiben, müsstet ihr euch bloß ein wenig umhören. Ihr bräuchtet dazu bloß – ein paar Verlagshäuser haben es auch hier schon erkannt – im Bekanntenkreis oder im engeren Verlagsumfeld ein wenig herumzutelefonieren. Da würdet ihr ganz ebensogut fündig werden. Junge Autoren, die zu Hoffnungen Anlass geben, gibt es doch heute wie Sand am Meer.

Kann euch das nicht reizen, der Gedanke, dass es sich so auch weit kostengünstiger einrichten ließe, den bei euch benötigten Ersatz zu beschaffen? Das althergebrachte Entscheidungsprocedere hat sich in hunderterlei Hinsicht überholt. Es ist heuchlerisch, es ist entwürdigend, es ist kostspielig und unzweckmäßig. Deshalb schließe ich – noch einmal! – mit den Worten: „Lasst dieses Spiel doch endlich sein!“

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